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Geschichte – Seit November 1811 in Schwäbisch Gmünd

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Vor 200 Jahren gründete Johann Leonhard Alle in der Rinderbacher Gasse die erste Taubstummenschule im Land.


Auf mindestens 200 Jahre Hörgeschädigtenbildung kann Schwäbisch Gmünd stolz sein. Ein Jubiläum, das ihn rechtfertigt, den ausführlichen Blick in die Geschichte.

– Schwäbisch Gmünd – 3.11.2011 –  Die Chroniken belegen: Bereits um 1750 unterrichtete der Franziskanerpater Mansuet (Johann Georg Weidmann) taubstumme Kinder von Gmünder Familien. Auch von Dekan Thomas Kratzer ist bekannt, dass er seit 1807 Gehörlose unterrichtete. Er gewann für diese Aufgabe den Seilermeister und Mädchenschullehrer Johann Leonhard Alle.
Seine Ausbildung erhielt Alle bei Bernhard von Ernsdorfer in Freising. Im November 1811 eröffnete Alle in seiner Wohnung in der Rinderbachergasse 39 die erste Schule für gehörlose Kinder. Alles Privatschule wurde über Jahre hinweg von den staatlichen Behörden überprüft. Er erhielt für seine Tätigkeit auch staatliche Unterstützung.
Am 29. März 1817 wurde Alles private Schule durch Resolution König Wilhelms zur „Königlich Württembergischen Taubstummenanstalt“. Ab diesem Zeitpunkt wohnte Alle mit seinen Zöglingen in mehreren Mietshäusern bis schließlich 1821 das „Schwarzenbergische Haus“ (Hofstatt 3) bezogen werden konnte. Wegen seiner Verdienste um diese erste, inzwischen staatliche Schule erhielt Alle die „Goldene Civil – Verdienstmedaille“ und durfte den Titel „Ritter“ mit dem adligen „von“ vor seinem Namen führen. Zeitweise bediente er sich auch der französischen Namensform „Allé“.
Bereits 1820 wurden von Alle Lehrer für den Taubstummenunterricht ausgebildet. 1825 wurde die Gmünder Filialtaubstummenanstalt Esslingen, im Jahr zuvor die Taubstummenanstalt Winnenden gegründet, deren Lehrer in Gmünd ihre Ausbildung erhielten. Die Lehramtskandidaten des 1825 gegründeten Gmünder katholischen Schullehrerseminars besuchten im letzten Ausbildungssemester den Unterricht im Gmünder Taubstummeninstitut und erhielten dort auch theoretische Belehrung.
Alle verfasste mehrere Schriften, darunter die „Anleitung, taubstumme Kinder im Schreiben, Lesen, Rechnen und Reden zu unterrichten und sie moralisch – gut und bürgerlich – brauchbar zu bilden.“ 1825 trat Alle in den Ruhestand.
Sein Nachfolger wurde der evangelische Stadtpfarrer Dr. Viktor August Jäger. 1827 wurde die Anstalt in die Bocksgasse 31 ( Deblersches Palais) verlegt.
1838 trat der evangelische Stadtpfarrer Karl Friedrich Hermann Wagner die Nachfolge Jägers an. Wegen der baulichen Enge und der gleichzeitig steigenden Nachfrage nach Schulplätzen wurde unter seiner Leitung gemeinsam mit den Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul im Jahr 1868 die Filialtaubstummenanstalt St. Josef gegründet und 1869 in der Katharinenstraße eröffnet.
1911, also 100 Jahre nach Gründung der ersten Schule für gehörlose Kinder des Landes Baden-Württemberg wurde die gemeinsame Leitung der beiden Anstalten aufgegeben. St. Josef wurde Privatschule. 1963 wurde die staatliche Schule von der Bocksgasse nach Heilbronn verlegt.
Als ehemalige Tochter der von Alle gegründeten Einrichtung steht St. Josef in der Tradition der nunmehr 200-jährigen Geschichte der Hörgeschädigtenbildung in Württemberg. Über 240 Kinder und Jugendliche besuchen zur Zeit die Schule mit den Abteilungen Schulkindergarten, Grundschule, Hauptschule, Werkrealschule, Realschule und ab dem Schuljahr 2012/13 mit einem Beruflichen Gymnasium mit dem Bildungsabschluss „Allgemeine Hochschulreife“.

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